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Wheelmap - eine App für barrierefreie Orte

Thurgauer Zeitung: 7. Dezember 2015

Eine App für barrierefreie Orte

Rollstuhlgänger Thomas Köppel sucht auf «Wheelmap» und findet dank der Karte einen barrierenfreien Zugang zur Bahnhofhalle in St.Gallen. (Bild: Benjamin Manser)

ST.GALLEN. Die Fachhochschule St.Gallen hat in einem Projekt das Programm «Wheelmap» genauer unter die Lupe genommen. Immer mehr Rollstuhlgänger in der Ostschweiz nutzen die Onlinekarte. Trotzdem hat sie noch Verbesserungspotenzial.

SAMUEL KOCH
 

Ein Hinweis genügt: «Schalterhalle via Gleis 1 zugänglich». Was für Fussgänger am Bahnhof St.Gallen eine unnütze Information ist, kann für Rollstuhlgänger hilfreich sein. Diese Information ermöglicht eine Plattform namens «Wheelmap» und vereinfacht das Leben von rollstuhlgängigen Menschen im Alltag. Die Onlinekarte wurde 2010 als Projekt der deutschen Stiftung «Sozialhelden» in Berlin ins Leben gerufen (siehe Infobox). Dank einer länderübergreifenden Kooperation der Internationalen Bodenseehochschule (IBH) mit der Fachhochschule St.Gallen (FHSG) reicht sie seither auch in die Ostschweiz.

«Diese Karte ist ein absolut gutes Hilfsmittel für uns», sagt Thomas Köppel vom Rollstuhlclub St.Gallen. Der 34jährige Widnauer greift zwar erst seit wenigen Wochen auf die Onlinekarte zu, nutzt sie aber vermehrt, seit er mit ihr vertraut ist. «Wenn ich krank bin und in einer Apotheke etwas benötige, kann ich mich vorab informieren, welche Apotheken für mich mit dem Rollstuhl einfach zugänglich sind», sagt Köppel. Kürzlich war er auf einer Rollstuhl-Veloreise rund um den Bodensee. Dank «Wheelmap» konnte Köppel seine Reise entgegen allen Hindernissen minutiös planen.

Einfaches Ampelsystem

Dabei funktioniert die Onlinekarte mit einem Ampelsystem und ist dadurch laut Köppel nicht nur hilfreich, sondern auch benutzerfreundlich. Wenn ein Gebäude auf der Karte grün leuchtet, ist es rollstuhlgerecht, orange teilweise für Rollstühle zugänglich und rot nicht rollstuhlfreundlich. Kategorisiert werden die Informationen zudem in die Gruppen Eingang und Toiletten. «Ein Restaurant, in das ich problemlos hineinkomme, bringt mir nichts, wenn das WC nur über eine Treppe erreichbar ist», betont Köppel.

Eine Kommentarfunktion für weitere Hinweise und das Hochladen von Bildern zur Visualisierung vereinfachen die Onlinekarte zusätzlich. «Diese Einfachheit hat sich bewährt», sagt Hans-Dieter Zimmermann, Dozent für Wirtschaftsinformatik an der FHSG. Er und sein Team analysierten «Wheelmap» für das IBH-Projekt hinsichtlich gesellschaftlicher Innovationen.

Die Hinweise – bisher über eine halbe Million – haben die Nutzer nach dem Prinzip Crowdsourcing selber eingegeben. «Eine kurze Registration genügt», sagt Zimmermann. Diese Form ermögliche ein kontinuierliches Wachstum und kenne auch keine Grenzen – «gerade in der Bodenseeregion». Als Kehrseite der Medaille kann beim Crowdsourcing jeder Daten eingeben und somit für falsche Ampelfarben und Hinweise verantwortlich sein. «Das ist ein Balanceakt, der die Glaubwürdigkeit der Onlinekarte bisher noch erschwert», sagt Zimmermann.

Problem mit den Parkplätzen

Auch für Nutzer Thomas Köppel hat «Wheelmap» noch Verbesserungspotenzial. Er bemängelt hauptsächlich die fehlenden Informationen zu behindertengerechten Parkplätzen. «Vielfach fehlt es in Parkhäusern an genügend breiten Parkplätzen», sagt er. Vielen sei gar nicht bewusst, dass ohne genügend seitlichem Platz das Aussteigen aus dem Auto unmöglich sei.

Dieses Manko von «Wheelmap» hindert Köppel trotzdem nicht daran, sich im Freundeskreis oder im Basketballclub für die Onlinekarte stark zu machen. «Grundsätzlich bin ich mit der App sehr zufrieden», sagt Köppel. Sie sei gut und einfach aufgebaut. Es brauche halt etwas Zeit, bis sie in der Ostschweiz alle kennen.

www.wheelmap.org/

 

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